Fatales Missgeschick – Unfall

Fatales Missgeschick – Unfall

19.03.2020
Fahrt zum Tanken mit einem fatalen Missgeschick

Kurz zur Situation: wir stehen noch immer im Palmenhain, ca. 1 Kilometer vor Tafraoute. In Richtung Ort hat es weitere Palmenhaine und auch 2 Campingplätze. Unserer ist am weitesten vom Ort entfernt und auch etwas versteckt. Deshalb stehen hier auf ca. 2 ha nur 10 Fahrzeuge. Unsere kleine Gruppe verändert sich immer wieder. Die Schweizer (Brigitte und Rene) sind inzwischen weitergezogen. Dafür hat sich ein Ehepaar aus Neuseeland zu uns gesellt. Die sind ein Jahr in Europa und nun in Marokko mit dem WoMo unterwegs. Eine illustre Gruppe also.

Heute früh kam der Besitzer/Platzwart/Nachtwächter von unserem Palmenhain und gibt uns einen Zettel mit Verhaltensregeln. Keine Ansammlungen. Verlassen des Platzes nur für Einkäufe. Dazu gibt er uns einen Zettel der Verwaltung, den wir ausfüllen müssen. Name, Kennzeichen und Zeiten der Einreise nach Marokko und Anreise nach Tafraoute. Alles sinnvoll.

Wir werden heute mit dem Wohnmobil in den Ort fahren – der Tank ist fast leer und man weiß ja nie. Es sind weniger Leute unterwegs als sonst, aber alle sehen entspannt aus. Wenige tragen einen Mundschutz und mehr Frauen als sonst tragen einen Schleier.

Das Missgeschick:
Wir fahren in den Ort, kommen gerade aus dem Kreisverkehr – und plötzlich rennen wild winkende Menschen auf die Straße und zeigen uns an, dass wir anhalten sollen. Gehört und gefühlt haben wir es auch schon. Es gab Erschütterungen und Stöße am Fahrzeug.

Oje, im Rückspiegel sehe ich das Malheur: unsere Tür der Heckgarage auf der Beifahrerseite ist bei der Ausfahrt aus dem Kreisverkehr aufgegangen und hat zum einen zwei parkende Fahrtzeuge mehrmals touchiert, ist dann abgebrochen und liegt mitten auf der Straße.

Sofort eilen Menschen von der Straße und den Geschäften herbei und helfen, die aus der Garage heraus gefallenen Gegenstände aufzuheben und zum Wohnmobil zu bringen.

Ich gehe erstmal zu den beschädigten Fahrzeugen. Das meiste hat ein neuer Mercedes GLS 300d abbekommen. Hinterer Kotflügel, Türe und vorderer Kotflügel haben einige heftige Dellen und Kratzer. Der Fahrer des Mercedes spricht leider kein Englisch. Auch von den umstehenden kann niemand dolmetschen. Aber alle sind sehr entspannt, ohne Hektik und Aufregung.

Mit Händen und Füßen verständige ich mich mit dem Fahrer und versuche eine Lösung zu finden. Der beruhigt erstmal mit den Händen und telefoniert. Dann nimmt er sein Handy und fotografiert den Schaden – telefoniert wieder. Ich rufe Maren im Palmenhain an und frage nach der Telefonnummer von Els. Maren ruft Els direkt an und teilt ihr unseren Standort mit. Sie ist aus Belgien und spricht sehr gut Französisch und Englisch. Ihr Fahrzeug ist zurzeit auch im Ort zum Lackieren.

Ich gehe zurück zum Auto, das 50 Meter weiter immer noch mitten auf der Straße steht. Durch parkende Fahrzeuge, ist kein Durchkommen für Autos. Deshalb leiten Umstehende die ankommenden Autos an der Kreuzung gleich auf die Parallelstraßen um.

Bei Tini steht inzwischen ein junger Mann in Latzhose und sieht sich den Rahmen mit den herausgerissenen Scharnieren und die Türe an. Er erklärt uns dann in englisch, dass das kein Problem sei. Er könne das reparieren. Wir zucken mit den Schultern, noch etwas unter Schock. Er packt die Türe und lädt sie in einen Transporter.

Ich gehe wieder zu dem beschädigten Fahrzeug. Inzwischen ist ein Polizist eingetroffen, der zumindest ein wenig englisch kann. Der erklärt mir, dass der Mann mit dem 4 Wochen alten Mercedes nur der Fahrer ist und dem Besitzer Fotos vom Schaden geschickt hat.

Unser Mechaniker mit der Türe kommt hinzu und spricht mit dem Polizisten. Der nickt und sagt, wir sollen das Fahrzeug wegfahren und dem Transporter folgen in die Werkstatt. Ich bin etwas verwirrt und viele Fragen schießen mir durch den Kopf: Der Schaden? Meine Personendaten? Fahrzeugdaten? Versicherung? Grüne Versicherungskarte?

Alles erledigt, wir sollen fahren. Jetzt kommt noch ein Ladenverkäufer hinzu, den wir schon vom Palmenhain kennen. Der spricht sehr gut deutsch. Er erklärt mir, dass wirklich alles in Ordnung ist. Wir sollen weiterfahren. Der Mercedes gehört einem reichen Mann und der will nichts von uns.

Wahrscheinlich schaue ich ziemlich dumm aus der Wäsche, denn das kann ich gar nicht glauben. Aber alle umstehenden lächeln mich an und nicken: „It’s OK. No Problem. He’s a rich man – a very rich man.“. Ich bedanke mich bei allen umstehenden – natürlich ohne Handschlag. Aber mit „Schokran“ und eine Hand auf dem Herzen. Das bedeutet so viel wie „Herzlichen Dank“. Die Geste wird von den Umstehenden mit einem Lächeln und freundlichen Nicken erwidert.

Inzwischen ist auch Els mit dem Fahrrad eingetroffen. Gefolgt von dem deutsch sprechenden Händler auf dem Moped und Els auf dem Fahrrad folgen wir langsam dem Transporter mit unserer Türe. Die Fahrt geht an den Stadtrand in eine kleine Werkstatt. 

Der junge Mann und ein zweiter aus der Werkstatt schauen sich das Ganze an und fangen gleich an zu arbeiten.  Els fragt gleich mal, was das kosten wird. Die Männer sind nicht ganz so begeistert, dass eine Frau sich einmischt 😊, aber wir fühlen uns dadurch sicherer. Der deutsch sprachige Händler bestätigt auch, dass alles gut wird und der Preis schon stimmen wird. Els bleibt aber hartnäckig und fragt nochmal nach.

Nach ca. 1 Stunde ist die Türe wieder an seinem Platz. Ein bisschen klopfen, hämmern, ein paar neue Löcher, größere und längere Schrauben, Unterlagscheiben. Das Scharnier sitzt, die Tür schließt.
400 Dirham = 40 Euro kostet das Ganze. Für marokkanische Verhältnisse eher viel. Für uns aber voll OK. Ich glaube Els hätte da noch ein wenig nachverhandelt. Aber wir sind froh, so glimpflich aus der Sache raus gekommen zu sein.

Unser Dolmetscher aus dem Souvenirladen will kein Geld für seine Hilfe. Er ist fast beleidigt – aber nur fast 😊. Wir versprechen ihm, in den nächsten Tagen in seinem Shop vorbei zu schauen. „Ja-ja, schaffe, schaffe Häusle baue,“ sagt er zum Schluss noch und fährt mit seinem Moped von dannen.

Wir fahren wieder zurück in die Stadt und gehen Tanken. Unter vielen lächelnden Blicken. Wahrscheinlich hat sich unser Missgeschick schon herumgesprochen und unser Wohnmobil fällt durch die bunte Beschriftung und die vielen Fotos auf.

Plötzlich stehen Ralf und Heimo vor uns. Sie sind vom Palmenhain reingelaufen und wollten sehen, wie es uns geht. Schön, in Marokko so eine „Familie“ zu haben.

Ausnahmezustand und Ausgehverbot:

Am Abend spricht es sich rum und wird dann auch durch Berichte bestätigt: Die marokkanische Regierung versetzt das Land ab morgen 18 Uhr in den Ausnahmezustand mit Ausgehverbot.

Das wird natürlich beim abendlichen zusammen sitzen in der Gruppe erörtert und diskutiert. Heimo hat für alle Chili con Carne auf dem offenen Feuer gekocht. Sehr lecker!  Zum Nachtisch gibt es noch Pancakes mit Zimt und Zucker, die Tini gebacken hat. Auch sehr lecker!

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